Outback für Anfänger
// Orroroo, Broken Hill, Silverton, Mildura und Grampians
Unsere ersten Outback- und Australien-Erlebnisse abseits von Städten (Adelaide), kultivierten Gegenden (Barossa Valley) und künstlichem Wildlife begannen in Orroroo. Nur ein Stück nach dem Clare-Valley beginnt irgendwo das Nirgendwo. Orroroo ist an der Grenze zum Nirgendwo, es hat einen komischen Namen, auch im Ortszentrum keinen vernünftigen Mobilfunkempfang…
Und abends auf dem sehr günstigen Campingplatz wurden wir einerseits fast von Unmengen von Heuschrecken aufgefressen, andererseits haben wir hier aber auch unsere ersten Kakadu-Schwärme gehört. Die lärmenden Kakadus hört man ja sehr weit, auch wenn man sie nicht von Nahem sieht. Und nachdem die weißen Kakadus mit den gelben Kämmen ihre Schlafbäume in Sichtweite des Campingplatzes hatten, sah man sie rüberfliegen und hörte sie eine ganze Weile lang, bis der ganze Schwarm angeflogen, angekommen, eingerichtet und eingeschlafen war.
Die Sehenswürdigkeiten um den Ort sind einigermaßen seltsam. Orroroo protzt einerseits mit einem riesigen Eukalyptusbaum, der auch „Widow-Maker“ genannt wird, da er ab und zu unangekündigt dicke Äste fallen lässt. Andererseits gibt es den „Magnetic Hill“. Man fährt eine ganze Weile auf einer unbefestigten Straße durch die Wildnis, um an den Fuß des Hügels zu kommen, dort soll man sein Auto im Leerlauf stehen lassen, das Auto rollt dann angeblich nach oben oder es sieht so aus als rolle es nach oben (die Formulierungen sind da unterschiedlich). Ob unser Camper zu schwer war, es sich um eine optische Täuschung handelt, auf die wir einfach nicht geachtet haben (weil wir tatsächlich hochgezogen zu werden hofften) oder ob der ganze Hügel einfach ein Hinweis auf den schrägen Humor der Australier ist (Unsinn in Touristen-Info-Hefte und auf Schilder am Straßenrand zu schreiben und sich dann über leichtgläubige Touristen zu amüsieren), wir wissen es nicht. Es tat sich jedenfalls gar nichts.
Der Campingplatzbesitzer in Orroroo gab dazu jedenfalls keine Erklärung ab, murmelte nur, dass es manchmal nicht funktioniere und ob wir eine angenehme Fahrt dorthin gehabt hätten. Er wünschte uns eine gute Weiterfahrt, das Wetter solle ja gut bleiben, vielleicht sähen wir auch einen Sandwirbelsturm, das sei ganz nett. Komisch, diese Australier!
Fahrt ins Nichts
Und wir fuhren weiter. Weiter ins Nichts. Broken Hill nennt sich zwar „accessible outback“, weit weg von allem anderen ist es aber dennoch: Sydney (die zugehörige Provinzhauptstadt) ist fast 1200 Kilometer, Melbourne gute 800 Kilometer und Adelaide immer noch über 500 Kilometer entfernt. Auf dem Weg zwischen Orroroo und Broken Hill ist jedenfalls nichts weiter, nur endlose flache Steppenlandschaft, die immer trockener wird, die Bäume seltener, bis sie nur noch vereinzelt in der Landschaft stehen und man immer öfter blanke Erde sieht. Alle 100 Kilometer kommt etwa ein winziger Ort, der aus einem halben Dutzend Häusern und einer Tankstelle besteht, sonst nichts. Manchmal stehen ein paar Schafe herum, bei denen man sich fragt, was sie in dieser Dürre fressen. Sicherlich nicht so wohlgenährt wie in Neuseeland.
Irgendwann fragt man sich dann, warum in gleichbleibendem Abstand zur Straße immer noch ein Zaun ist, wo man doch mit dem dahinterliegenden Land sicher nichts anfangen kann, es ist unbewirtschaftet und taugt auch nicht als Weide. Wozu also der Zaun? Gehört das da jemandem? Irgendwann kommt man dann darauf, dass der Zaun nicht zum Land, sondern zur Straße gehört: er ist dazu da Wildtiere abzuhalten, auf die Straße zu laufen. Kängurus haben wir zwar nicht gesehen, bei der Hitze lagen sie sicher faul im Schatten herum, aber einige Emus liefen doch hinter dem Zaun entlang.
Der Highway führt übrigens so gut wie schnurgerade nach Broken Hill, ist ja auch keine Kunst, wenn sonst nichts im Weg ist. Dafür sind ab und zu Senken in die Straße eingebaut, durch die man hindurch muss und die zum Abfließen des Wassers nach Regenfällen dienen. Das trockene Land nimmt wenig Regenwasser auf und so kommt es wohl öfter zu kleinen Sturzbächen, durch die man dann auf der Straße hindurch muss. Im Tal jeder Senke steht dazu eine Messlatte, an der man ablesen kann, wie hoch das Wasser schon reicht. Bei uns war alles trocken. Auch die „richtigen“ Flüsse. Spätsommer.
Im Touristenprospekt zu Broken Hill steht, man müsse mindestens 3 Tage in der Stadt verbringen, um alles gesehen zu haben. Wer das glaubt, über den amüsieren aber selbst wir uns. Broken Hill ist eine durchschnittliche australische Kleinstadt (ca. 19.000 Einwohner), deren Ursprung in den reichen Silberminen liegt und interessanterweise fahren dort mehr Lastwagen unterirdisch als überirdisch, unter der Erde gibt es mehr Ampeln als oben. Das ist aber auch schon die faszinierendste Information zum Ort, mal abgesehen davon, dass doch so viele Menschen dort leben wollen. Interessant ist auch, dass selbst in der Touristeninformation in Broken Hill Unmengen von Heuschrecken herumhüpfen, denn man hat Türen eingebaut, deren Unterseiten einige Zentimeter über dem Boden enden. Aber auch sonst sind die Viecher überall und springen einen unkontrolliert an!
Nochmal 25 Kilometer ins Nirgendwo hinein liegt eine Silberminenstadt, die keine mehr ist. Silverton hatte einmal 3000 Einwohner (1890), wurde aber quasi zur Geisterstadt mit heute angeblich 80 Einwohnern. Von denen ist weit und breit aber nichts zu sehen, außer ein paar künstlerisch angehauchten Spinnern scheint dort niemand zu leben. Es stehen noch zwei Kirchen, das Schulhaus, ein Gerichtsgebäude und das „Hotel“ (Kneipe) verstreut herum, dazwischen nur die Steppe. Silverton durfte wohl schon öfter als Filmkulisse herhalten, unter anderem für Western, das konnten wir uns aber nicht so recht vorstellen.
Am nächsten Tag also fuhren wir (immer noch durch flache Steppenlandschaft auf dem schnurgeraden Highway) weiter nach Mildura und fühlten uns in der von Broken Hill 300 km entfernten 30.000-Einwohner-Stadt tatsächlich wie wieder zurück in der Zivilisation. Hier gibt es dann auch wieder Landwirtschaft, Schafe, Obst und Wein. Kurz zuvor stiegen wir aber noch auf die roten Sanddünen bei Wentworth, wo der Murray- und der Darling-River zusammenfließen. Die Sanddünenlandschaft liegt interessant aber etwas deplaziert hier (so ohne Meer), hier wachsen runde Melonen und schwirren tausende von Fliegen umher. Wirklich lästige Fliegen, die nicht von einem ablassen und sich unbedingt auf einem niederlassen müssen, auch im Gesicht, in der Nase, überall…
Nach Mildura geht es dann mit der recht eintönigen Landschaft Richtung Süden weiter, bis man zum Grampians-Nationalpark gelangt. Die Höhepunkte dieses bekannten Nationalparks sind uns leider entgangen, da viele Wanderwege und Zufahrten wegen der Überschwemmungen im Januar gesperrt waren. Dennoch konnten wir bei unserer ersten richtigen Wanderung in Australien einen kleinen Einblick in die Landschaft gewinnen: wir stiegen eineinhalb Stunden lang ziemlich vorsichtig (Schlangenangst!) auf den Mount Zero und sahen uns den gegenüberliegenden Mount Stapylton und die weite Ebene zu unseren Füßen an, ein großartiger Ausblick! Und die Schlangenangst ist uns bei dem schönen Wanderweg auch schnell vergangen. Nicht ganz so beeindruckend waren die Aboriginal-Handabdrücke am Manja-Shelter und die Beehive- und Clematis-Falls, beides Wasserfälle der unteren Kategorie, eher ein herabtröpfelndes Rinnsal…
Jede Menge Kängurus
In der Nähe der Clematis Falls bei Halls Gap war es dann aber dennoch großartig: jede Menge Kängurus! Die Tiere kommen bei Dämmerung auf die Wiesen des Ortes, denn das beste Gras gibt es anscheinend auf dem örtlichen Sportplatz, in Vorgärten und auf dem Campingplatz. Schon als wir unser Gefährt dort parkten, fielen uns die vielen Tierexkremente auf, als wir am nächsten Morgen aufwachten, war es aber noch deutlich extremer: jede Menge frische Känguru-Kacke! Wir hatten umzingelt von Kängurus geschlafen! Wir haben aber auch jede Menge von den Verursachern gesehen, auf unseren Abendspaziergängen rund um Halls Gap, nachts beim Toilettengang direkt auf dem Campingplatz… Die leben also wirklich da, diese Viecher, die gibt’s nicht nur im Zoo!
Und ein Emu verabschiedete uns dann auch noch und stolzierte am Morgen ganz in unserer Nähe auf dem Campingplatz herum! Nicht besonders scheu, diese australischen Tiere. Ob das für ihre Klugheit spricht, das sei mal dahingestellt…
Oh ja, die Känguru-Wiesen um Halls Gap kenn ich. Einfach traumhaft da. Wart ihr auch auf der direkt hinter dem Aboriginie-Kulturzentrum ein wenig außerhalb vom Ort?
Hallo Nils,
ja genau, Du meinst sicher das Brambuk-Kulturzentrum. Und dort bzw. auf den besagten Wiesen dahinter haben wir natürlich auch einen Abendspaziergang gemacht.
Traumhaft schön. Wir haben damals gegenüber in dem Hostel übernachtet….